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Nachhaltigkeit in der Mode: Ein Blick hinter die Kulissen eines Brands

Vor einigen Jahren wussten wir Konsumierende nur, wo ein Kleidungsstück hergestellt wurde. Weder wurde detaillierte Information preisgegeben, noch wurde es von uns hinterfragt. Heute hat Transparenz an Bedeutung gewonnen – und das ist auch gut so!
Brands wie Collectif mon Amour sind sich ihrer Verantwortung bewusst und bringen mehr Transparenz und Nachhaltigkeit in ihre Mode. Welche Schwierigkeiten gibt es dabei? Können wir Konsumierende den Zertifizierungen und Labels vertrauen? Und wie läuft so ein Zertifizierungsprozess ab? Lisa Ellermann und Jasmin Schneider haben uns im Gespräch ehrliche Antworten auf schwierige Fragen gegeben.

Collectif mon Amour. Für was steht ihr? Wer seid ihr?

Wir von Collectif mon Amour stehen für farbenstarkes Design und für beste Qualität aus nachhaltiger Produktion. Wir setzen auf zeitlose Schnitte, reduzierte Formen und wertige Materialien. Mit unseren Kollaborationen fördern wir den Austausch mit lokalen Kreativen und schaffen mit ihnen kleine Kollektionen, die beide Seiten bereichern.

Was bedeutet Nachhaltigkeit für euch?

Nachhaltigkeit hat für uns viele Aspekte. Wir wollen Ressourcen sparen und den C02-Fussabdruck unserer Produkte klein halten. Von den verwendeten Materialien, bis hin zur Produktion und dem Transport — wir arbeiten jeden Tag daran, uns zu verbessern.
Für unsere Kleidungsstücke wählen wir meist 100% reine Materialien. Diese bewusste Wahl macht das spätere Recyclen einfacher. In der nahen Zukunft wollen wir den Kreislauf unserer Produkte gerne schliessen.
Auch die langjährigen Partnerschaften mit unseren Produzent:innen und die Produktion in kleinen Mengen, um so Ende der Saison keine grosse Überproduktion zu haben, gehören für uns zur Nachhaltigkeit.
Wichtig ist für uns ausserdem, unsere Kund:innen zu einem bewussten Konsum zu ermutigen. Wir fördern dies mit zeitlosem Design, das über kurzfristige Trends hinaus geht. Denn echter Wandel ist nur mit einer gemeinsamen Anstrengung von uns und unseren Kund:innen möglich.

Warum habt ihr euch entschieden, diesen Weg zu gehen?

Für uns ist Nachhaltigkeit Herzenssache. Wir lieben Mode, wollen aber gleichzeitig Verantwortung übernehmen. Einiges, was jetzt als nachhaltig gilt, war schon immer Teil unserer DNA, wie zum Beispiel die Materialreinheit. Wir möchten uns als Brand mit allen Mitteln einsetzen, damit der Modekonsum auch in Zukunft Spass macht.

Wie seid ihr die Themen «Nachhaltigkeit» und «soziale Verantwortung» als Brand angegangen?

Collectif mon Amour hat immer schon den Fokus auf reine, hochwertige und somit langlebige Materialien gelegt. Somit war Nachhaltigkeit von Anfang an ein Thema für uns.
Der erste grosse, bewusste Schritt in die Nachhaltigkeit war jedoch der Switch zur Bio-Baumwolle im Jahr 2017. Dann kam irgendwann der Jersey dazu und dann sind wir Qualität für Qualität, jede Lieferkette angegangen. Wir versuchen so viel wie möglich von unserem Garn und von unseren Produzent:innen zu zertifizieren.
Wir haben den Merino auf non-mulesing umgestellt, die Daune auf Re-Down, das Cashmere auf sustainable Cashmere certified by Abtf, nachhaltigere Fasern wie Lyocell in die Kollektion integriert usw.
Das eigentliche Fundament der Nachhaltigkeit ist jedoch Transparenz. Auch hier hatten wir den Vorteil, dass wir die komplette Wertschöpfungskette von den meisten Kleidungsstücken kennen. Zusätzlich sind wir dann die Partnerschaft mit Retraced eingegangen, um alle Teilbereiche aufzurollen.

Was war die grösste Herausforderung dabei? Was ist noch immer eine Hürde?

Letztendlich sind wir an den internationalen Markt gebunden, der Zeit braucht sich zu verändern. Wir bewegen uns in einem komplexen Umfeld, wo es schwer ist ,Veränderungen schnell umzusetzen. Das geht alles nicht von jetzt auf gleich.
Zum Glück sind wir sehr vertikal aufgestellt und haben einen guten Überblick über alle Steps der Wertschöpfungskette.
Ein konkretes Beispiel ist, die Vorgabe von Produktionsminimums. Das bedeutet, dass wir an Mindestmengen von Kilogramm, Stoffmeter oder Färbemengen gebunden sind. Wir können nicht immer exakt die Menge bestellen, die wir wünschen. Daher ist es manchmal schwierig, nur an die Stückzahlen heranzukommen, die auch gebraucht werden.
Uns ist bewusst, dass wir noch nicht perfekt sind, aber wir gehen in die richtige Richtung, stetig und in kleinen Schritten.

Die meisten eurer Produkte sind zertifiziert – könnt ihr uns den Zertifizierungsprozess anhand eines Beispiels erklären?

Nehmen wir das Beispiel Kaschmir: Bei dem The Good Cashmere Standard müssen alle Beteiligten der Lieferkette zertifiziert sein. In regelmässigen Abständen werden durch unabhängige Audits Kaschmirfarmen und Produzent:innen überprüft, welche die im Standard festgelegten Kriterien einhalten müssen. Das Zertifikat ist 12 Monate lang gültig.

Wir als Brand Collectif mon Amour müssen auch einen Vertrag abschliessen, uns also verpflichten und eine Lizenzgebühr zahlen. Diese Einnahmen werden reinvestiert und kommen den involvierten Farmer:innen, Ziegen und der lokalen Umwelt zu Gute.

Das Tracking System vom The Good Cashmere Standard schafft Transparenz und Rückverfolgbarkeit. Das heisst, wir können nur Produkte mit dem The Good Cashmere Standard labeln, die auch wirklich die ganze zertifizierte Produktionskette durchlaufen haben.

Warum habt ihr Kaschmir als eines eurer wichtigen Materialien gewählt?

Kaschmir ist eine Herzensangelegenheit von uns, wir verbinden damit Qualität, Langlebigkeit und jahrelange Tradition innerhalb unseres Unternehmens.

Ausserdem konnten wir beim Kaschmir eine Lieferkette aufbauen, in der alles lokal verarbeitet wird. Das Garn wird dort weiterverarbeitet, wo auch die Kaschmirziege ihr Zuhause hat. Das Garn wird in der inneren Mongolei in China gesäubert, gesponnen, gefärbt und vor Ort verstrickt. Damit vermeiden wir unnötige Transportwege.

Warum habt ihr euch für das The Good Cashmere Label entschieden?

Es war zu dem Zeitpunkt der einzige unabhängige Standard, der mehrere Faktoren berücksichtigt: ökologische, soziale und auch ökonomische.

Der The Good Cashmere Standard setzt sich für die Förderung des Tierwohls in der Kaschmirproduktion ein, unterstützt aber auch gleichzeitig die Kaschmirfarmer:innen und Gemeinschaften durch Gewährleistung einer sicheren und nachhaltigen Einkommensquelle. Auch der Umweltschutz ist ein wichtiger Faktor des Standards. Die Ziegenhaltung darf keine negativen Auswirkungen auf die Umwelt – insbesondere auf das Land und die Artenvielfalt – haben.

Diese Prozesse benötigen viel Zeit, Ressourcen, bedeuten Aufwand. Was ist der Mehrwert für euch als Brand?

Uns ist es wichtig, dass Kund:innen ein sicheres Gefühl haben, wenn sie bei uns einkaufen. Sie sollen merken, aber auch objektiv nachprüfen können, dass uns das Thema wirklich am Herzen liegt.
Zertifizierungen sind ein wichtiges Mittel, um die Überprüfbarkeit zu ermöglichen und somit das Vertrauen unserer Kund:innen zu gewinnen. Wir können sagen, dass unser Engagement für Nachhaltigkeit nicht nur ein Lippenbekenntnis ist, sondern durch externe Prüfung bestätigt wird.
Auch erfordern Nachhaltigkeitsbemühungen oft innovative Ansätze und öffnen Türen für kreative Partnerschaften, wie aktuell die Zusammenarbeit mit Sustainable Textiles Switzerland 2030.

Was wünscht ihr euch für die Zukunft? Welche zukünftigen Schritte habt ihr geplant?

Wir wünschen uns, dass sich in der Modeindustrie alle darüber bewusst werden, welche Verantwortung sie tragen. Um eine grundlegende Veränderung zu bewirken, müssen sich schlussendlich alle gemeinsam einsetzen.
Mit dem Zusammenschluss bei Sustainable Textiles Switzerland 2030 (STS 2030) haben wir ein super Netzwerk und viele Gleichgesinnte kennengelernt. Wir arbeiten momentan voller Elan an den STS 2030 Zielen.
Es gehört jedoch auch dazu, dass sich Kund:innen bewusster werden, welche Arbeit und Ressourcen in einem Kleidungsstück stecken und als Schlussfolgerung bereit sind einen angemessenen Preis dafür zu zahlen.

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Infobox: Retraced

Retraced wurde 2019 in Düsseldorf mit der Vision gegründet, globale Lieferketten für alle Beteiligten zu verbessern und sich für eine Community engagierter Modeunternehmen mit transparenten Lieferketten und nachhaltigen Herstellungsmethoden einzusetzen sowie den Endverbrauchern zu ermöglichen, bewusste Kaufentscheidungen zu treffen.Retraced überprüft somit Angaben zum Wertschöpfungsprozess und Zertifikate von Textilunternehmen und Brands und steht für deren Richtigkeit ein.

Im Online-Shop von Collectif mon Amour bekommt man leicht einen Einblick zu den Lieferant:innen, deren Arbeitsbedingungen und in die verwendeten Materialien und Zertifikate.


Achtest du darauf, wie nachhaltig Brands sind? Was ist dir wichtig, um einer Brand zu vertrauen? Teile uns deine Erfahrungen auf Social Media #reflectyourstyle oder via Mail initiative@sts2030.ch

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