Swiss Textiles – sind 200 international ausgerichtete KMU aus der Schweizer Textilbranche. Der Verband setzt sich für die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Branche ein und bietet seinen Mitgliedern eine spannende Palette an Dienstleistungen und Veranstaltungen.


Textilrecycling – worum es wirklich geht
Bei den Aspekten von Wiederverwendung und Langlebigkeit von Textilien geht es viel um das Recycling. Nina Bachmann und Mirjam Matti Gähwiler von Swiss Textiles gibt uns einen Einblick über den Stand und die Herausforderungen der Branche zu diesem Thema.
Viele sprechen heute von Textilrecycling, bezeichnen damit aber eigentlich «nur» die Textilsammlung: In der Schweiz werden ungefähr 36ʾ000 Tonnen Altkleider pro Jahr (Quelle: Geschäftsbericht TEXAID) gesammelt – das sind rund 100 Tonnen Altkleider pro Tag. Etwas mehr als die Hälfte wird einer Zweitnutzung auf den weltweiten Secondhandmärkten zugeführt. Das ist kein Recycling, sondern ein Re-Use: Die Textilien werden verkauft, noch einmal oder bestenfalls mehrere Male getragen und dann schliesslich doch definitiv entsorgt. Sie landen im Abfall, sprich im Normalfall auf einer Deponie, seltener in einer Kehrichtverbrennungsanlage. Nicht mehr tragbare Textilien in der Textilsammlung werden zu Putzlappen, Reisswolle und Dämmstoffen verarbeitet. Auch diese Verwertungsform ist kein Recycling im strengen Sinn: Man spricht hier von Downcycling, weil hochwertige Textilien in «minderwertigen» Anwendungen landen.
Das Führen und Behalten von textilen Materialien in einem echten, geschlossenen Kreislauf, das echte Recycling, ist eine ganz andere Geschichte. Momentan gibt es zwei Kategorien von Recyclingtechnologien: das mechanische und das chemische Recycling. Bei Ersterem werden Alttextilien mechanisch bearbeitet: Fasern werden ohne Chemieeinsatz gerissen und die entstandenen Fasern werden neu versponnen oder PET wird gehäckselt und die entstandenen Granulate werden eingeschmolzen und zu Fäden gesponnen. Je nach Anwendungsgebiet müssen beim mechanischen Recycling Qualitätseinbussen hingenommen werden: So entstehen beispielsweise durch das Reissen sogenannte Kurzfasern. Deren Enden stehen im fertig versponnenen Garn stärker ab als die Enden von sogenannten Langstapelfasern, sodass Recyclinggarn aus mechanischem Recycling sich sehr rau anfühlt. Das mag für Teppiche irrelevant sein oder sogar spannende Designaspekte mitbringen, für feine Hemdenstoffe oder Bettwäsche können aber solche Recyclinggarne nur in kleinen Mengen in Mischung mit neuen Garnen verwendet werden.
Vielversprechender hinsichtlich der Garnqualität, aber einiges komplexer ist das chemische Recycling: Hier werden mittels chemischer Prozesse die Grundbestandteile der Materialien, beispielsweise die Cellulose bei der Baumwolle oder die Erdölbestandteile beim Polyester, aus den Textilien herausgelöst. Dies bedingt, dass die Materialien in möglichst reiner Form vorliegen, eine vorgängige Sortierung ist hier also von Vorteil. Inzwischen gibt es aber auch für Mischgewebe bereits erste innovative Ansätze, wie durch ein stufenweises Verfahren die verschiedenen Bestandteile der Textilien nacheinander herausgelöst werden könnten. Aus der im chemischen Recycling entstehenden «Spinnmasse» können neue Fasern gesponnen werden. Diese haben zwar (im Falle von Baumwolle) nicht mehr die gleiche Qualität wie die ursprünglichen Fasern, genügen aber ähnlichen Qualitätsansprüchen und können in denselben Gebieten zur Anwendung kommen (zum Beispiel als Lyocell für Bekleidung). Eine Herausforderung beim chemischen Recycling ist es, den Prozess so zu gestalten, dass er den heutigen Ansprüchen genügt. Die Chemie bietet unendlich viele Möglichkeiten – nur ein kleiner Teil davon ist ökologisch unbedenklich und macht damit auch für ein Textilrecycling Sinn. Europaweit, auch in der Schweiz, sind momentan zahlreiche Start-ups am Entstehen, welche ihren Teil zu einem ökologischen chemischen Recycling beitragen könnten. Das Zusammenfügen der einzelnen Lösungen zu einem ganzheitlichen Prozess, der vor allem auch so kostengünstig ist, dass er mit den Preisen der Neumaterialien mithalten kann – das ist die Hürde, die in den nächsten Jahren gemeistert werden muss.
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